Die Herzszintigraphie
Herzerkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland. Hierbei handelt es sich meistens um eine Verkalkung und Einengung der Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel versorgen. Dadurch verschlechtert sich die Durchblutung des Herzens. Die Herzkranzgefäße heißen auf medizinisch auch „Koronarien“. Deshalb bezeichnet man eine Einengung der Herzkranzgefäße als „Koronare Herzkrankheit“ (KHK).
Die KHK ist die häufigste Todesursache in den Industrieländern. Wenn ein Herzkrankgefäß vollkommen verschlossen ist, kommt es nämlich zum Herzinfarkt. Aber auch wenn das Herzkrankgefäß nur eingeengt aber noch nicht ganz verschlossen ist, leidet das Herz. Und zwar zuerst bei körperlicher Belastung: Es kommt dann zu einem Engpass bei der Blutversorgung mit typischen Beschwerden wie Atemnot, einem Engegefühl oder Schmerzen im Brustkorb. Viele Patienten können genau angeben, wann diese Beschwerden auftreten (z. B. nach 100 m Bergaufgehen, nach einer Treppenetage usw.). Wenn die Einengung der Gefäße weiter voranschreitet, treten diese Beschwerden auch schon in Ruhe auf. Dann ist es höchste Zeit, das Herz zu untersuchen.
Die verschiedenen Untersuchungsverfahren
Die bekannteste Untersuchung zur Diagnostik des Herzens ist das EKG. Dieses zeichnet geringste Herzströme im Herzmuskel auf und kann in Ruhe und unter Belastung durchgeführt werden. Meistens findet die Belastung auf einem Fahrradergometer statt. Mit einem solchen Belastungs-EKG lassen sich wertvolle Hinweise auf das Vorliegen einer KHK gewinnen.
Kardiologen können das Herz auch mit Ultraschall untersuchen. Dies nennt man Echokardiographie. Ein solches Ultraschallbild des Herzens gibt Auskunft über viele Erkrankungen. Die Herzkranzgefäße sind aber im Ultraschall nicht zu sehen. Die direkteste Untersuchung der Herzkranzgefäße ist die Katheteruntersuchung des Herzens. Dabei wird ein Kontrastmittel unter Röntgen-Durchleuchtung direkt in die Herzkranzgefäße gespritzt. Der Katheter wird meist über die Oberschenkelgefäße bis in das Herz vorgeschoben.
Der große Vorteil der Herzkatheteruntersuchung besteht darin, dass Engstellen in den Kranzgefäßen mit dem Katheter aufgedehnt werden können. Die Herzkatheteruntersuchung ist also eigentlich eine therapeutische Maßnahme der KHK. Andererseits liegt auf der Hand, dass diese Methode sehr aufwändig ist. Außerdem ist die Strahlenbelastung hoch, und es besteht ein gewisses Risiko, die Blutgefäße durch den Katheter zu verletzen oder andere Schäden zu setzen. Deshalb wird man eine Herzkatheteruntersuchung normalerweise nur dann durchführen, wenn man aufgrund anderer Verfahren ziemlich sicher ist, dass eine KHK vorliegt.
Herzszintigraphie untersucht ausreichende Durchblutung
Benötigt wird also eine Diagnosemethode, die es erlaubt, Menschen mit einer KHK zu identifizieren, damit diese dann durch eine Herzkatheteruntersuchung behandelt werden können. In der Nuklearmedizin steht eine solche Methode zur Verfügung. Mit der Herzszintigraphie wird untersucht, ob das Herz ausreichend durchblutet ist.
Hierzu wird eine radioaktive Substanz injiziert, deren Aufnahme in die Herzmuskelzellen proportional zur Durchblutung ist. Der chemische Name dieser Substanz ist ziemlich kompliziert; deshalb wird er normalerweise immer mit MIBI abgekürzt. Die Verteilung von MIBI im Herzen spiegelt also die Durchblutung zum Zeitpunkt der Injektion wieder. Ab einem bestimmten Einengungsgrad der Gefäße und ab einer bestimmten Belastungsstufe ist die Durchblutung nicht mehr gewährleistet, was man sich dann auf den Bildern der Herzszintigraphie zeigt.
Ablauf der Untersuchung
Wenn Sie eine Überweisung zur Herzszintigraphie von Ihrem Hausarzt oder vom Kardiologen erhalten haben und bei uns einen Termin vereinbaren, werden wir Sie bitten, die Herzmedikamente (insbesondere Beta-Blocker und Nitrate) drei Tage vor der Untersuchung abzusetzen. Eine Ausnahme sind Patienten, bei denen der Kardiologe entscheidet, dass ein solches Absetzen nicht möglich ist. Am Untersuchungstag ist es wichtig, dass Sie nüchtern bei uns erscheinen. Bitte bringen Sie sich aber etwas zum Essen mit. Sinnvoll ist auch Schuhwerk und Kleidung, mit der sie evtl. Fahrrad fahren können.
Die Belastung des Herzens erfolgt nämlich normalerweise auf dem Fahrrad. Die Fahrradbelastung beginnt auf einer niedrigen Stufe und wird dann so weit gesteigert, wie es Ihnen möglich ist. Das ist sehr wichtig, weil in einem frühen Stadium der KHK die Durchblutung der Herzens erst bei maximaler Belastung eingeschränkt ist. Je besser Sie Fahrrad fahren können, desto aussagekräftiger ist somit die Untersuchung.
Während der Belastung werden Sie kontinuierlich von einem Arzt überwacht. Dieser beurteilt auch Ihr EKG, das währenddessen aufgezeichnet wird. Auf dem Höhepunkt der Belastung wird das MIBI in eine Armvene injiziert. Manche Patienten haben Schwierigkeiten mit dieser Art der Belastung; z. B. weil sie eine Arthrose in den Hüft- oder Kniegelenken haben und deshalb nicht ausreichend gut Fahrrad fahren können. In diesen Fällen führen wir die Belastung pharmakologisch, also mit einem Medikament durch.
In der Regel entscheidet schon der Kardiologe, welche Art der Belastung er für Sie am sinnvollsten hält – Fahrrad oder Medikament. Bei der Anmeldung sollte dies geklärt werden. Bei der pharmakologischen Belastung liegen Sie einfach entspannt auf einer Untersuchungsliege, während ein Medikament langsam und kontinuierlich in Ihre Armvene injiziert wird. Dieses Medikament führt zur Belastung des Herzens. Diese Prozedur dauert zwischen sechs und zehn Minuten.
Nach der Belastung folgt eine Pause von etwa einer Stunde, in der das MIBI in die Herzmuskelzellen aufgenommen wird. Während dieser Zeit essen Sie das mitgebrachte Frühstück. Es sollte etwas Gehaltvolles sein, wie z.B. ein Käse- oder Wurstbrötchen und ggf. etwas Schokolade. Dadurch kann sich die radioaktive Substanz nicht in der Leber und im Magen festsetzen, und die Bilder werden besser.
Danach werden die Bilder angefertigt. Dazu liegen Sie auf einer Untersuchungsliege, während eine Kamera um Ihren Brustkorb kreist. Dies dauert etwa 15 bis 20 Minuten. Kurze Zeit später sind die Bilder fertig. Wenn die Durchblutung des Herzens überall gut ist, liegt keine KHK vor. Wenn die Durchblutung an einer Stelle des Herzens eingeschränkt ist, kann hingegen eine KHK vorliegen. In diesem Fall muss die Untersuchung an einem anderen Tag unter Ruhebedingungen wiederholt werden.
Der Befund wird dem überweisenden Arzt nach der Auswertung zugeschickt. Die Strahlung des MIBI klingt nach wenigen Stunden ab. Deshalb sind nach der Untersuchung keine Vorsichtsmaßnahmen zum Strahlenschutz zu beachten. Die Strahlenbelastung ist mit herkömmlichen Untersuchungen in der Radiologie zu vergleichen.
© 2011 - Prof. Dr. Rolf Larisch - MRV Lüdenscheid